Wenn Kinder Flügel bekommen

Der Tod Deines Kindes

Der Tod des eigenen Kindes ist wahrscheinlich das schmerzhafteste, was Dir in Deinem Leben passieren kann. Und dabei ist es völlig egal, wann bzw. in welchem Stadium dieses Kind gegangen ist. Viele Menschen sind es gewohnt, wenn es um Kinder geht, Unterschiede bei den verschiedenen Stadien einer Schwangerschaft und der Lebensjahre zu machen. Ich glaube, dass jede Seele, zu welchem Zeitpunkt sie kommt und wieder geht, ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist. Es gibt daher in diesem Zusammenhang keine Wertigkeit oder Höherstellung. Jedes Kind, das geht, egal, zu welchem Zeitpunkt seines Lebens, ist eine Seele, die sich in einem Körper materialisiert hat, und damit ein Mensch. Und jeder Mensch, der stirbt, ist es wert, betrauert zu werden.

 

Tod während der Schwangerschaft
Viele Kinder sterben während der Schwangerschaft. Hier darf zunächst unterschieden werden, ob Du es gewusst hast, dass Du schwanger bist oder ob Du es nicht gewusst hast.

Wenn Du gewusst hast, dass Du schwanger bist und Du es auch gewollt hast, gehen durch diesen Tod alle Deine Hoffnungen verloren, die Du in Deine Zukunft gesetzt hast. Ein Lebenstraum wird zerstört.
In unserer Gesellschaft ist der Tod des Kindes während der Schwangerschaft, besonders in den ersten Monaten sehr weit verbreitet. Allerdings reden nur sehr wenige über das Geschehene. Jetzt ist offenbar die Zeit, in der endlich darüber gesprochen werden darf. Denn der Schmerz in Dir ist unendlich groß! Du darfst Dir jetzt zugestehen, wie groß Dein Schmerz über das Geschehene ist, wie stark die Trauer in Dir wühlt. Aber Du darfst auch fühlen, wie wunderschön es war, mit diesem Kind in Kontakt zu sein und wie groß die Freude war, als Du erfahren hast, dass Du schwanger bist.
Die Auseinandersetzung mit Deinen Gefühlen ist essentiell wichtig, um nicht nur zu überleben, sondern weiterzuleben und damit weiterzugehen. Mit dem Kind in Deinem Herzen Deinen eigenen Weg zu beschreiten. Das Vergangene würdigend und dankbar annehmend. Und mit Zuversicht in die Zukunft sehend.

Wenn Du erfahren hast, dass Du schwanger bist, Du dieses Kind aber nicht gewollt und Du somit willentlich auf die Schwangerschaft eingewirkt hast, hat dies natürlich auch Folgen für Dich als Frau und Mutter. Bei einem Schwangerschaftsabbruch werden die Konsequenzen, vor allem auf der emotionalen Ebene, weit unterschätzt bzw. gar nicht erst berücksichtigt. Ein Abbruch, aus welchen Gründen und wie auch immer durchgeführt, hat auf jeden Fall Folgen für Dich. Denn in Dir war eine Seele eingezogen, die sich Dich als Mutter ausgesucht hatte. Du wolltest auf der unterbewussten Ebene schwanger werden und wurdest es auch.
Hier gilt es vor allem, hinzusehen, welche Gefühle sich nicht gezeigt haben bzw. bis heute nicht gesehen werden. Ohne Deine Beweggründe und Dein Handeln zu beurteilen, geht es meist um Schuld, Scham, Angst und Trauer.

Viele Frauen bemerken sogar gar nicht erst, dass sie schwanger sind und verlieren ihr Kind in den frühen Schwangerschaftswochen. Dieses Phänomen ist weit verbreitet und sehr unterschätzt. Der Verlust des Kindes ist dann nur auf der unterbewussten Ebene fühlbar, hat aber einen großen Einfluss auf die Mutter und ihr Umfeld. Es kann sogar sein, dass sie jahrelang unter Ängsten, Krankheiten oder Unsicherheiten leidet, ohne es sich wirklich erklären zu können. Die Heilung tritt erst dann ein, wenn die Zeit reif ist und die Mutter wirklich bereit ist, dort hinzusehen und hinzufühlen.

Tod während oder kurz nach der Geburt
Wenn ein Kind stirbt, das kurz davor war, auf die Welt zu kommen und wirklich ins Leben zu starten, bleiben viele Fragen offen. Warum ist dieses Kind überhaupt so weit gereift, dass es in die Welt gehen wollte? Warum haben die Ärzte seinen Tod nicht verhindert? Was hätte ich tun müssen, damit es überlebt? Es gibt unendlich viele Fragen, auf die es möglicherweise keine Antwort gibt. Mit dieser Situation umzugehen, ist eine große Herausforderung. Du hast dieses Kind zur Welt gebracht und doch nicht. Der Geburtsschmerz, der eigentlich Leben hervorbringt, steckt noch in Dir, und gleichzeitig ist da schon der Schmerz über den Verlust Deines Kindes. Es scheint Dich schier zu zerreißen! Wie solltest Du anders mit diesem Schmerz umgehen, als ihn zu verdrängen? Du hattest gar keine andere Chance, als diesen tiefsten Schmerz in Dir wegzudrücken, um selbst zu überleben. Jetzt geht es jedoch darum, Dir Dein Überleben zu gestatten. Dir selbst zuzugestehen, dass Du weiterleben darfst, während Dein Kind gestorben ist. Du darfst Dir erlauben, die Schuld, die Trauer, den Schmerz und den Verlust zu spüren! Aber auch die unendlich große Liebe, die in Dir ist!

Tod in jungen Jahren
Wir alle müssen irgendwann sterben. Diese Tatsache machen wir uns aber meistens nicht bewusst, wenn ein Kind geboren wird. Daher ist es für uns besonders tragisch, wenn ein Kind stirbt. Kinder sind für uns die Unschuld und Leichtigkeit auf zwei Beinen. Sie bringen Freude und bedingungslose Liebe in unser Leben. Und all das geht, wenn das eigene Kind stirbt. Hier ist wichtig, zu sehen, warum Dein Kind gegangen ist. Du darfst Dich mit den Gefühlen, die dieses Kind in Dir hervorgebracht hat, auseinander setzen. Und Du darfst seinen Tod betrauern, Dir zuzugestehen, weiterzuleben und es weiterzulieben, ohne dabei andere zu vernachlässigen.

Tod eines erwachsenen Kindes
Die natürliche Folge im Leben sieht für uns vor, dass erst die Alten sterben. Doch leider macht uns das Leben häufig einen Strich durch unsere Rechnung. Eine Mutter bleibt ewig eine Mutter! Wenn das eigene Kind vor einem stirbt, ist das in unseren Augen die falsche Reihenfolge. Du fragst Dich, warum stirbt das Kind und nicht Du? Was hast Du falsch gemacht, dass das passiert? Was hättest Du tun können, um es zu verhindern? Du darfst Dich mit Deinen Schuldgefühlen, mit der Leere in Dir und Deinem Schmerz auseinander setzen. Und Du darfst Dir bewusst machen, wie groß die Liebe in Dir ist und was das Leben für Dich noch bereit hält. Und dann ist es die Zeit, Dein Kind loszulassen.

Umgang mit dem Tod
Wenn Du mit dem Tod Deines Kindes konfrontiert wirst, gibt es einen Schwall an verschiedenen Gefühlen. Hier sind auf der einen Seite Deine unendlich große Liebe für dieses Kind, die Freude, die Du an ihm hattest und der Stolz auf sein Dasein. Auf der anderen Seite sind da die große Trauer und der unermessliche Schmerz, die wahnsinnige Schuld und die Scham, aber auch die Angst und Unsicherheit, mit dieser Situation umzugehen.

Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels. Allerdings musst Du erst durch diesen Tunnel hindurch. Denn alles hat zwei Seiten, und wenn es um das Thema Tod geht, leben wir häufig nur die eine oder die andere. Selten können wir die schönen und die schmerzhaften Gefühle gleichzeitig zulassen. Wir kippen zumeist auf eine Seite. Du darfst Dir jetzt aber erlauben, beide Seiten zu fühlen, da sein zu lassen und anzunehmen.

Einfluss auf Dich und Dein Umfeld
Wenn all die Gefühle, die in Dir waren und sind, nicht von Dir gefühlt und bearbeitet werden, hat dies vor allem Konsequenzen für Dich und Dein Umfeld. Es kann sein, dass Dir der Vater des Kindes unbewusst einen Teil Deiner Schuld abgenommen hat. Vielleicht hast Du auch Kinder, die schon da waren oder Kinder, die danach gekommen sind, und Dir jetzt Deine unterdrückten Emotionen widerspiegeln und heute darunter leiden. Dies kann sich u. a. in Form von psychosomatischen Erkrankungen oder Auffälligkeiten im Verhalten zeigen.
Auch sind alle andere Menschen in Deinem Umfeld mehr oder weniger vom Tod Deines Kindes betroffen: Großeltern, Onkel und Tanten, Paten, Cousins und Cousinen und natürlich die Freunde. Ihr alle dürft Euch mit diesem Thema beschäftigen.

Es ist daher immens wichtig, dass Du Dich mit dem Tod Deines Kindes auseinandersetzt und dass Du Deinen Schmerz endlich spürst. Es ist wichtig, dass Du all die Dinge, die Du an andere abgegeben hast oder die Dir abgenommen wurden, zurück zu Dir holst. Dies wird ein sehr schmerzhafter Prozess sein, vielleicht sogar noch viel schmerzhafter als es eine Geburt sein kann. Aber Du wirst dadurch frei und wie neugeboren! Denn Du hast ein Recht auf ein glückliches Leben!



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